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Dorka und die Müllmänner

Sie hatte eine Glatze, als ich sie auf Facebook entdeckte. Coole Frau. Ich wollte sie haben. Ich rief sie an. Nun habe sie wieder Haare, sagte sie. Ganz kurze. Okay, sagte ich. Ich wollte sie als Aktmodell, mit oder ohne Haare. Okay, sagte sie. Sie kenne da eine super Location in Budapest: alte Fabrikhallen.

Ich traf sie. Was für eine Frau!

Wir fuhren zur versprochenen Location. Es war ein riesiges Gelände mit Industriearchitektur aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Graffitis überall. Einige Hallen standen leer, aus einigen drang ein bisschen Lärm. Dort hatten sich Start-up Unternehmen eingemietet. Wir suchten eine Halle, die leer stand – oder vielmehr, von der wir glaubten, dass sie leer stünde. Wir schlängelten uns bei einem Tor hinein.

Plötzlich Stimmen. Laute harte Männerstimmen. Hé, mit keresel ott? Mish meg. Oder so. Soll heißen: Schleicht’s euch.

Ich verstand nichts. Doch ich sah ihn. Ein bulliger Mann stellte sich uns in den Weg. Er machte ein finsteres Gesicht. Das war kein freundliches Hallo.

Dorka sagte etwas. Weiche warme Frauenstimme. Die Männer beruhigten sich.
Vielleicht wollten sie auch fotografiert werden? Dorka, frag sie. Dorka übersetzte. Da grinste der eine, der große mächtige. Er pflanzte sich vor mir auf, Hände an den Hüften. „Na, schieß schon.“

Nun kam sein Kumpel dran, ein Zniachtl, klein, mit zu kurzer Hose. Auch er warf sich in Pose. Zog das T-Shirt aus, spannte seinen Bizeps.

Dann sahen wir, wo sie lebten. Ihre Schlafplätze waren zwei Holzbuden auf dem Boden der riesigen Halle. Zwischen den Buden hatten sie eine Art Wohnzimmer aufgebaut: schwarze Ledercouch, zwei Sessel, ein Tisch.

Davor lag ihr „Garten“. Das war ein riesiger Müllhaufen, der beinahe die gesamte Fläche der Lagerhalle bedeckte. Da gab es Plastikbehälter, Bauschutt, Müllsäcke, Plastikobstkissen, eine vergammelte orange Matratze. Nur rund um ihre Behausungen und um ihr Wohnzimmer hatten die Männer einen freien, mülllosen Platz geschaffen.

Dorka zog nun ihre High Heels an und stolzierte die Treppe hinauf und hinunter. Die Männer schauten zu. Oben, auf einer Art Galerie, zog sie ihr Kleid aus, hüllte ihre zarte Brust in ein schwarzes Spitzenjäckchen und stellte sich mit den Zehenspitzen auf eine Art Balustrade. Sie stand mit dem Rücken zur Tiefe, völlig ungesichert. Eine schöne Pose. Doch ich hatte ein mulmiges Gefühl.

Ich wollte das Shooting nun lieber rasch beenden. Draußen war es schön, doch in der Halle drinnen, nun ja, da roch es.

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